Fast die Hälfte der Arbeitnehmenden in Deutschland hat noch nie mit einem behinderten Menschen zusammengearbeitet – und das obwohl in Deutschland rund 4,9 Millionen geistig oder körperlich beeinträchtigte Personen im erwerbsfähigen Alter leben. Das ist auch kein Wunder, scheitert es doch häufig bereits am barrierefreien Zugang. So gaben in einer aktuellen Studie 34 Prozent der Befragten an, dass ihr Arbeitsplatz weder räumlich noch digital barrierefrei sei. In lediglich 26 Prozent der Unternehmen existieren vollständig barrierefreie Arbeitsplätze. 

Was ist Barrierefreiheit?

Das Problem: Noch immer ist die Auffassung weit verbreitet, Barrierefreiheit wäre auf räumliche Zugänglichkeit beschränkt. So sind etwa 13 Prozent der Arbeitsplätze zwar räumlich barrierefrei, jedoch nicht digital. Dabei muss Barrierefreiheit sämtliche Aspekte des Arbeitsumfelds umfassen – das gilt insbesondere vor dem Hintergrund der digitalen Transformation, in welcher Arbeitsplätze immer stärker in den digitalen Raum verlagert werden. Dementsprechend müssen Unternehmen sicherstellen, dass auch Mitarbeitende mit Behinderung das Internet sowie sämtliche digitalen Anwendungen nutzen können.

Räumliche und digitale Barrierefreiheit: Ein Baustein der Inklusion

Barrierefreiheit erfordert einen ganzheitlichen Ansatz und muss als wichtiger Baustein der Inklusion am Arbeitsplatz verstanden werden. Doch wie lässt sich umfassende Barrierefreiheit gewährleisten?

  • Bauliche Maßnahmen: Natürlich darf räumliche Barrierefreiheit weiterhin nicht fehlen. Rampen mit Handlauf, elektrische Türöffner, Aufzüge oder Treppenlifte und weitere Vorkehrungen können Rollstuhlfahrern und anderen Menschen mit Gehbehinderung den räumlichen Zugang zum Arbeitsplatz ermöglichen oder erleichtern.
  • Arbeitsplatzgestaltung: Ergonomische Schreibtischarbeitsplätze für Personen mit Beeinträchtigungen der Wirbelsäule oder Gehbehinderung sind dabei ebenso wichtig wie Tastaturen für Sehbehinderte oder Beschriftungen in Blindenschrift. Auch Gemeinschaftsräume und Sanitäreinrichtungen müssen für Personen mit Beeinträchtigungen zugänglich und nutzbar sein.
  • Hilfsprogramme: Ob Untertitel für Videodateien und Bilder, die Verwendung einfach lesbarer Schriftarten, oder Sprachassistenten für die Gerätesteuerung: Um das Arbeiten im digitalen Raum zu erleichtern, können spezifische Hilfsprogramme unterstützen. Das betrifft insbesondere Menschen mit Beeinträchtigungen des Seh- oder Hörvermögens.
  • Sensibilisierung und Schulung: Um das Verständnis für die besonderen Bedürfnisse behinderter Menschen zu erhöhen und die Unterstützung seitens der Belegschaft zu fördern, sind konkrete Schulungen und Sensibilisierungsmaßnahmen zum Thema Barrierefreiheit und Inklusion unerlässlich. Ziel muss es sein, Inklusion zum festen Bestandteil der Unternehmenskultur zu machen.

Barrierefreiheit als Wettbewerbsvorteil

Bereits kleine Maßnahmen können einen großen Beitrag zur Barrierefreiheit und Inklusion am Arbeitsplatz leisten. Doch bei all den Maßnahmen kommt es vor allem auf die Unterstützung durch Mitarbeiter und Führungskräfte an. So muss auch auf Topmanagement-Ebene ein Verständnis für die Notwendigkeit einer barrierefreien Arbeitsumgebung vorhanden sein. Dabei sollten Barrierefreiheit und Inklusion nicht nur als Notwendigkeit, sondern als Teil einer nachhaltigen Unternehmensstrategie verstanden werden. So kann ein Unternehmen an Glaubwürdigkeit und Vertrauen gewinnen, wenn es sich aktiv für ein diverses und inklusives Arbeitsumfeld einsetzt. Auch sollten Menschen mit Beeinträchtigungen als Potential erkannt werden. Denn insbesondere in Zeiten des Fachkräftemangels werden diese in vielen Branchen zu einer wichtigen Zielgruppe. Es gibt also mehr als genügend überzeugende Argumente, um einem ganzheitlichen Ansatz zu folgen und Barrieren – seien sie räumlicher oder digitaler Natur – konsequent abzubauen.